Kostenerstattung für selbst beschafften Kindergartenplatz
Das Verwaltungsgericht Dresden hatte zu entschieden, ob das Landratsamt die Kosten für einen privaten Kindergartenplatz erstatten muss, wenn einem dreijährigen Kind kein Platz in einer öffentlichen Einrichtung zur Verfügung gestellt werden kann.
Der Sachverhalt
Die Eltern hatten ihr damals dreijähriges Kind im Dezember 2011 für den Besuch einer Kindertagesstätte in ihrer Heimatgemeinde ab August 2012 angemeldet. Die Stadt konnte allerdings keinen Kindergartenplatz zur Verfügung stellen. Die Eltern schlossen daraufhin einen Jahresvertrag mit einer privaten Einrichtung in Dresden ab.
Die Eltern forderten vom Landkreis die aufgewendeten Kosten abzüglich eines Elternbeitrags i.H.v. 5.718,27 Euro zurück, den sie auch in einer städtischen Einrichtung hätten zahlen müssen.
Die Entscheidung
Die Klage war erfolglreich. Nach dem Sächsischen Kita-Gesetz hätten Kinder ab Vollendung des dritten Lebensjahres bis zum Schuleintritt Anspruch auf Besuch eines Kindergartens. Dieser Anspruch richte sich gegen den »örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe«, im konkreten Fall den Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge.
Zur Errichtung und dem Betrieb von Kindertageseinrichtungen seien nach dem Kita-Gesetz zwar die Wohnortgemeinden verpflichtet. Bei diesen sei auch der Antrag auf einen Betreuungsplatz zu stellen. Werde der Anspruch eines Kindes auf einen Kindergartenplatz nicht erfüllt, könne vom Jugendhilfeträger ein Ersatz der Aufwendungen für die Beschaffung eines Ersatzplatzes verlangt werden.
Dies gelte selbst dann, wenn dem Träger der Jugendhilfe, hier also dem beklagten Landkreis, gar nicht bekannt gewesen sei, dass die Eltern des Kindes von ihrer Heimatgemeinde keinen Kindergartenplatz bekommen hätten. Denn insoweit müsse der Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge aufgrund der geltenden gesetzlichen Regelungen den bei der Stadt Freital gestellten Antrag gegen sich gelten lassen.
Wegen der grundsätzlichen Bedeutung des Verfahrens für den Freistaat Sachsen hat die Kammer die Berufung zum Sächsischen Oberverwaltungsgericht zugelassen.
Gericht:
Verwaltungsgericht Dresden, Urteil vom 02.03.2016 - 1 K 1542/12
Urteil ALG I: Sperrzeit nach befristeter Beschäftigung?
Ein Arbeitnehmer fuhr jeden Tag 50km zu seinem Arbeitsplatz. Er kündigte das unbefristete Arbeitsverhältnis und arbeitete befristet auf 2 Monate in einem Betrieb in der Nähe seines Wohnortes. Danach meldete er sich arbeitslos und beantragte Arbeitslosengeld. Die Bundesagentur für Arbeit stellte den Eintritt einer Sperrzeit von 12 Wochen fest. Zu Recht?
Der Sachverhalt
Der Kläger war als Maurer bei einem ca. 50 km von seinem Wohnort entfernten Arbeitgeber tätig. Diese unbefristete Beschäftigung kündigte der Kläger und arbeitete unmittelbar anschließend in einem Betrieb in der Nähe seines Wohnortes. Dieses Arbeitsverhältnis war allerdings von Anfang an auf zunächst 2 Monate befristet gewesen.
Danach meldete sich der Kläger arbeitslos und beantragte Arbeitslosengeld. Die Bundesagentur für Arbeit stellte den Eintritt einer Sperrzeit von 12 Wochen fest und verweigerte für diese Zeit die Zahlung von ALG I. Der Kläger habe ein unbefristetes Arbeitsverhältnis selbst gekündigt und habe damit bewusst seine Arbeitslosigkeit im Anschluss an das Ende des befristeten Arbeitsverhältnisses herbeigeführt.
Gegen die Sperrzeitentscheidung hat der Kläger Klage beim Sozialgericht Speyer erhoben und zur Begründung vorgetragen, er habe die unbefristete Arbeitsstelle aufgegeben, um in der Nähe seines Wohnortes zu arbeiten, wodurch er in erheblichem Umfang Fahrtkosten einsparen konnte. Sein früherer Arbeitgeber habe auch nicht nach Tarif gezahlt und die Lohnzahlungen seien zudem nicht pünktlich erfolgt.
Das Urteil des Sozialgerichts Speyer
Das Sozialgericht Speyer (Urteil, Az. S 1 AL 63/15) hat der Klage stattgegeben. Die Bundesagentur für Arbeit habe zu Unrecht den Eintritt einer Sperrzeit festgestellt und die Zahlung von Arbeitslosengeld verweigert. Der Kläger habe ein berechtigtes Interesse an der Lösung des unbefristeten Arbeitsverhältnisses gehabt.
Bei einem Wechsel aus einem unbefristeten in ein befristetes Arbeitsverhältnis trete eine Sperrzeit im Anschluss an die befristete Beschäftigung nur ein, wenn dem Arbeitnehmer unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung seiner Interessen mit den Interessen der Versichertengemeinschaft ein anderes Verhalten zugemutet werden könne. Biete das befristete Arbeitsverhältnis für den Arbeitnehmer deutlich attraktivere Arbeitsbedingungen sei es gerechtfertigt das unbefristete Arbeitsverhältnis zu Gunsten eines befristeten zu lösen. Dies sei vorliegend der Fall gewesen.
Befristetes Arbeitsverhältnis bot deutlich attraktivere Arbeitsbedingungen
Der Kläger habe durch Aufnahme des befristeten Arbeitsverhältnisses seinen Anfahrtsweg zur Arbeit und damit die Höhe der Fahrtkosten drastisch verkürzt, was indirekt zu einem nicht nur geringfügig höheren NettoArbeitsentgelt geführt habe. Zudem habe der Arbeitgeber des befristeten Arbeitsverhältnisses auch einen um ca. 20% höheren Stundenlohn gezahlt. Damit waren die Arbeitsbedingungen in dem befristeten Arbeitsverhältnis deutlich attraktiver als in dem unbefristeten Beschäftigungsverhältnis, so dass das Interesse des Klägers an einem Wechsel das Interesse der Versichertengemeinschaft an einer Fortführung des unbefristeten Arbeitsverhältnisses überwiege.
Sozialgericht Speyer, Urteil vom 17.02.2016 - S 1 AL
WICHTIG: Widerspruch gegen ALG II Sanktion einlegen
Mit Beschluss vom 26.05.2015 hat das Sozialgericht Gotha – als erstes bundesweites Sozialgericht – Hartz IV Sanktionen für verfassungswidrig erklärt und die Frage um die Verletzung der Menschenrechte durch die Leistungskürzungen an das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe zur Prüfung vorgelegt.
Hartz IV Empfänger, die von einer solchen Sanktion betroffen sind, sollten unbedingt Widerspruch gegen einen entsprechenden Sanktionsbescheid einlegen und ggfls. Klage erheben. Dies rät Roland Rosenow von der Kanzlei Sozialrecht in Freiburg in einem Interview mit „Radio Dreyeckland“. Der Spezialist und freiberufliche Dozent für Sozialrecht weist darauf hin, dass nur im Falle eines Widerspruchs die Chance besteht, dass die Sanktion aufgehoben wird, sollte das Bundesverfassungsgericht den Sanktionsparagraphen kippen.
Wird kein Widerspruch gegen einen Sanktionsbescheid erhoben, wird die Hartz IV Sanktion rechtskräftig und damit auch nicht aufgehoben – auch dann nicht, wenn die Karlsruher Richter die Sanktionen aufheben oder zumindest beschränken.
Zum Urteil: Sozialgericht: Hartz IV Sanktionen verfassungswidrig!
Widerspruchsfrist beachten
Beim Widerspruch gegen den Hartz IV Sanktionsbescheid sollten sich Betroffene mit dem Aktenzeichen des Sozialgerichts Gotha (Beschluss vom 26.05.2015 – Az.: S 15 AS 5157/14) an das zuständige Jobcenter richten. Die Widerspruchsfrist beträgt 1 Monat ab Zustellung.